Graun, eine Gemeinde in der Bezirksgemeinschaft Vinschgau
Auch wenn der Gemeindename „Graun im Vinschgau“ nicht zu den prominentesten im Südtiroler Vinschgau zählt, so ist ein Bild dieser Gemeinde doch sehr bekannt. Gemeint ist der Kirchturm, welcher sich mitten aus dem Reschensee erhebt. Dieser Kirchturm, symbolisiert einerseits das schreckliche Schicksal der Bewohner von Graun, ist andererseits aber auch ein bedeutender Werbeträger für diese Urlaubsregion im Westen Südtirols.
Allgemeines zu Graun
Die Gemeinde Graun im Vinschgau hat insgesamt mit ihren drei zusätzlichen Fraktionen zirka 2.400 Einwohner. In Graun selbst leben allerdings nur etwa 350 Einwohner. Neben Graun gehören noch die Fraktionen Reschen am See, Langtaufers und St. Valentin auf der Haide zur Gemeinde.
Mehr als 97 Prozent der Einwohner hat Deutsch als Muttersprache, nur etwas mehr als drei Prozent hat Italienisch als Muttersprache.
Graun im Vinschgau gehört aus touristischer Sicht zur Ferienregion Reschenpass.
Das Zentrum der Gemeinde Graun liegt auf einer Höhe von 1.520 Metern über dem Meeresspiegel. Die westliche Gemeindegrenze ist zugleich die Landesgrenze Südtirols zur Schweiz. Die nördliche Gemeindegrenze stellt die Landesgrenze zu Österreich dar. Der niedrigste Punkt des Gemeindegebietes von Graun im Vinschgau liegt auf einer Höhe von 1.449 Metern, der höchste Punkt auf einer Höhe von 3.738 Metern über dem Meeresspiegel.
Während das „alte“ Dorf Graun in den Fluten des Reschensees versenkt wurde, leben die Einwohner nun etwas oberhalb des alten Dorfes in Neu-Graun. Die Kastelruther Spatzen, die erfolgreiche volkstümliche Musikband, haben das Dorf Graun und die Geschichte (s. unten) in ihrer im Jahr 1994 erschienenen Produktion als „Atlantis der Berge“ besungen.
Die italienische Bezeichnung von Graun im Vinschgau lautet „Curon Venosta“.
Die Geschichte der Gemeinde
Das Gebiet der heutigen Gemeinde Graun im Vinschgau wurde von den Menschen schon vor 5.000 Jahren zur Besiedlung genutzt. Im Zusammenhang mit Graun wurde im Jahr 1147 erstmalig von einem Hof aus diesem Ort berichtet, der „Curun apud lacum“ genannt wurde.
Der Gemeindename „Graun“ geht auf den romanischen Namen „Corona“ zurück, was übersetzt „runder Felskopf“ bedeutet.
Während die Häuser von Alt-Graun den Fluten des Reschensees weichen mussten, siedelten die Einwohner in das etwas oberhalb liegende Gebiet östlich des damaligen Ortes um. Daher spricht man von dem heutigen Dorf von Neu-Graun.
Graun ist vor allem für Tagesgäste ein beliebtes und begehrtes Ausflugsziel, die dieses einmalige Bild des im Reschensee stehenden Kirchturms einmal live sehen möchten. Aber auch für Urlaubsgäste ist Graun im Vinschgau mit den dazugehörigen Fraktionen ein äußerst beliebtes Feriengebiet. Dies zeigt sich allein daran, dass die Haupteinnahmequelle der Einwohner der Fremdenverkehr ist.
Das versunkene Alt-Graun
Heute gibt der Reschensee, aus dessen Mitte ein Kirchturm ragt, ein idyllisches Bild ab und lockt jährlich zahlreiche Tagesgäste in den Westen Südtirols, die dieses einmalige Panorama einmal live sehen möchten. Doch mit dem Kirchturm und dem Reschensee ist eines der tragischsten Schicksale verbunden, welches die Einwohner damals – neben den beiden Weltkriegen und der Annektierung ihres Landes von Italien – hinnehmen musste.
Ursprünglich gab es in dem Langtauferer Tal insgesamt drei nebeneinander liegende Seen, nämlich den Reschensee, den Mittersee bzw. Graunersee und den Haidersee. Schon zu Zeiten der Österreichischen Monarchie gab es die ersten Überlegungen, dass das Gebiet des damaligen Graun (heute: Alt-Graun) geflutet und damit für die Erzeugung von Elektroenergie genutzt wird.
Montecatini, ein Großkonzern, hatte im Jahr 1939 schließlich offiziell das Projekt eingereicht, nach dem der Reschensee und der damalige Graunersee gestaut werden sollte – und zwar um 22 Meter. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte zu einem Stillstand bei der Umsetzung dieses Bauvorhabens geführt und letztendlich den Einwohnern die Hoffnung gegeben, dass das Projekt doch nicht umgesetzt wird. Die Hoffnungen zerschlugen sind allerdings bereits zwei Jahre nach Kriegsende. Die Arbeiten wurden wieder aufgenommen. Die Interessen der Einheimischen wurden damals vollständig übergangen. Sämtliche Bemühungen, die die Einheimischen anstellten (unter anderem eine politische Intervention zur Verhinderung des Weiterbaus), um dieses wahnsinnige Projekt zu vermeiden, verliefen im Sand. Selbst eine Vorsprache in Rom beim Papst konnte das Projekt nicht stoppen.
Ein Haus nach dem anderen wurde gesprengt. Insgesamt wurden damit 163 Häuser beseitigt und auch die damalige Pfarrkirche blieb nicht verschont. Nur der Kirchturm, der aufgrund des Denkmalschutzes nicht gesprengt werden durfte, blieb stehen. Der Kirchturm gehörte zur damaligen Pfarrkirche St. Katharina. Im Jahr 1950 wurde schließlich Alt-Graun geflutet indem die Schleusen geschlossen und damit der See gestaut wurde. So entstand aus den bis dato zwei Seen ein großer Reschensee, in dem der damalige Reschensee und der Mittersee/Grauner See aufgingen. Südlich vom Reschensee bei der Fraktion St. Valentin auf der Haide befindet sich heute ein zweiter (früher der dritte) See: der Haidersee.
Das Gemeindewappen von Graun im Vinschgau
Was sonst, als der im See stehende Kirchturm, könnte das Wappen der Gemeinde schmücken? Auf dem Wappen von Graun ist der Kirchturm der damaligen Pfarrkirche St. Katharina abgebildet, der vom Wasser des Reschensees umgeben ist.
Der Reschenseelauf
Im Jahr 2019 findet bereits die 20. Auflage des Reschenseelaufs statt. Hierbei handelt es sich um eine der beliebtesten Laufveranstaltungen Südtirols.
Der Reschenseelauf wird jährlich Mitte Juli veranstaltet, im Jubiläumsjahr 2019 wird die Laufveranstaltung als Nachtlauf abgehalten.
Die Route, auf der sich die Athletinnen und Athleten beweisen können, führt über eine Strecke von 15,3 Kilometern rund um den Reschensee.